Politische Korrektheit vs. Trottelsprache

Grundvoraussetzung: Denken!

Ich erinnere mich noch genau an diese Szene während der Abschlussfahrt zum Ende der Orientierungsstufe: Meine ganze Klasse saß abends am Lagerfeuer und dieses ganze Beisammensein kam mir gleich irgendwie inszeniert vor. Und in der Tat sollte ich als einer von zwei Schülern mit Behinderung dann unseren nichtbehinderten KlassenkameradInnen von meiner Behinderung erzählen. Die meiner Klassenkameradin war dabei vielleicht einfacher zu vermitteln, denn meine Klassenkameradin war klein. Nicht, dass meine Behinderung in irgend einer Form weniger sichtbar wäre, doch sie entzieht sich allem Anschein nach einer Einordnung. Spastik, das ist irgendwie so eine Behinderung, von der sich buchstäblich jeder eine Vorstellung macht, aber so gut wie niemand eine hat.

Als ich an der Reihe war und sagte, dass ich Spastiker bin, schlug das dann auch zunächst ein wie eine Bombe. Einer meiner Klassenkameraden platze schließlich laut heraus: »Nein! Du bist doch nicht …« Er ließ den Satz unbeendet, aber es war klar, »dumm« hatte er sagen wollen. Genau deswegen war ja dieses Lagerfeuergespräch in die Wege geleitet worden – damit ich aufräumen konnte mit dem Vorurteil, dass Spastiker zwangsläufig geistig behindert sind.

Die Reaktion meines Klassenkameraden hat mich damals nur insofern überrascht, als sie so spontan und damit so ehrlich war. Er sprach vermutlich nur das (fast) aus, was alle anderen dachten. Es gab im Verlauf meiner Schulzeit Reaktionen, die ich wesentlich befremdlicher fand. Einmal wurde ein Klassenkamerad von seiner Mutter aufgefordert, mir beim Zähneputzen behilflich zu sein. Das war im ersten Moment bizarr und im Nachgang erschütternd, denn ich fragte mich, wie um alles in der Welt ich auf andere Leute wohl wirkte. Das Bild, das ich von mir hatte, deckte sich offensichtlich so gar nicht mit dem Bild, das ich abgab. Das Bild, das ich von mir hatte, geriet dadurch ins Wanken.

Letztlich war das jedoch nur der Auftakt zu lauter Skurrilitäten, die bis heute meinen Alltag begleiten. Wüst wurde es zum Beispiel in der Pubertät. Väter sahen mich nicht in der Lage, ihre Töchter zu versorgen, Omas befürchteten, Kinder zu haben könnte – zumal womöglich noch mit einer ebenfalls körperbehinderten Partnerin – »das Schicksal herausgefordert« sein. Wohlgemerkt: Wir reden hier von Westdeutschland in den 80er und 90er Jahren, von einer angeblich aufgeklärten Gesellschaft und von Leuten, die sowohl mich als auch meine Partnerinnen kannten. Aber Beziehungen waren ein wunder Punkt, an dem sich Dinge und Denkweisen Bahn brachen, die ich längst für überwunden und überholt gehalten hatte. Deshalb hatte ich nie so etwas wie eine unbeschwerte Teenager-Romanze. Als wären Pubertät und Liebe an sich nicht schon schwierig genug, lastete auf meinen frühen Beziehungen immer auch gleich die Bürde, zukunftsfähig sein zu müssen. Dabei war doch eigentlich nur das Hier und Jetzt wichtig. Welcher Heranwachsende denkt schon gleich an Familie, Finanzen und Kinder?

Irgendwann zu Beginn meines Studiums kamen dann die sogenannten »politisch korrekten« Sprachregelungen auf. Ich erinnere mich noch, wie meine Kommilitonen und ich uns darüber lustig gemacht haben. Da wir alle miteinander Linguisten waren, überboten wir uns gegenseitig darin, möglichst absurde Begriffe in möglichst vielen Sprachen zu erfinden. Ich persönlich habe für mich recht schnell entschieden, dass gegen einen Begriff wie »körperbehindert« nichts einzuwenden ist und die Begriffszüchtungen der damaligen Zeit mit einer Mischung aus Belustigung und akademischer Neugier verfolgt.

Zwanzig Jahre ist das jetzt her. Seitdem beobachte ich immer wieder zyklisch aufkommende Diskussionen um das, was man sagen darf, soll oder sollte und wenn ja, warum nicht. Familienministerin Christina Schröder beispielsweise – ohnehin immer irgendwie unterbeschäftigt wirkend und offensichtlich mit viel Zeit und Muße zum Kontemplieren über weltbewegende Themen gesegnet – beglückte die Öffentlichkeit unlängst mit dem sprachlichen Schildbürgerstreich »das Gott«, Harald Martenstein wollte wissen, was so schlimm ist am Begriff »Arzthelferin« und Jan Fleischhauer sieht uns auf dem Weg zur Trottelsprache, weil der Thienemann-Verlag seine Jugendbuch-Klassiker von »verfänglichen Wörtern säubern« will.

Und wie schon vor zwanzig Jahren ist es eine intellektuell-akademische Diskussion, in der sich (vermeintliche) linguistische Liberalisten daran berauschen, immer noch absurdere Beispiele dafür zu finden, was passieren könnte und wohin sich unsere Sprache noch entwickelt wird, wenn und falls und überhaupt.

Das wird der Sache jedoch weder in die eine, noch in die andere Richtung gerecht. Denn die Trottelsprache ist längst da. Sie nimmt uns sogar gewissermaßen in die Zange. Was Fleischhauer, Martenstein und Co. übersehen, weil sie stets nur den kleinen spieß- und bildungsbürgerlichen Ausschnitt der kopfgeborenen Bürokratensprache beleuchten, ist das, was sich jenseits von Wochenzeitungen, Qualitätsjournalismus und klassischer Literatur abspielt.

»Trottelsprache«, suggeriert Fleichhauer in seiner Kolumne, ist die Sprache jener, die in all ihrer Intelligenz tapsig und weltfremd geworden sind – zu klug, um noch wirklich was vom Leben zu verstehen. Aber »Trottel« im eigentlichen Sinne ist schlicht die Bezeichnung für einen dummen Menschen – nicht liebenswert-klug vertrottelt, nein, einfach nur blöd wie zwei Meter Feldweg bei Nacht.

Es mag in diesem Sinne ganz gut passen, dass Fleischhauer seinen Lehrmeister Wolff Schneider als Paradebeispiel für jemanden anführt, der sich »politisch korrektem« Sprachgebrauch wohlbegründet verweigert. Allerdings ist Schneider, so pointiert und lehrreich seine Ausführungen auch bis zum heutigen Tage sein mögen, längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit, was etwa Internetforen, soziale Netzwerke und den dortigen Sprachgebrauch angeht. Darüber hinaus ist er dafür bekannt, die BILD-Zeitung für ihre klare Sprache zu mögen – just jenes täglich linguistisch marodierene Presseerzeugnis also, das sich wie vielleicht kein zweites in Deutschland mit geradezu pubertärem Trotz sprachlichem Anstand verschließt.

Die eigentliche »Trottelsprache« kommt nicht aus Amtsstuben, Verlagshäusern und Redaktionskonferenzen. Sie kommt von dem, was angeblich oder tatsächlich von und für die sogenannte »Unterschicht« gedacht ist: dem Privatfernsehen, den Comedy-Serien mit ihrem schenkelklopfenden Brachialhumor, den Gerichts-Shows und Doku-Soaps. Das mag man meinetwegen Zeitgeist nennen. Aber wenn ein Fernsehsender einen Haufen hormongesteuerter »bildungsferner« Teenager in einer spanischen Finca kaserniert und sie anschließend beim fröhlichen Komasaufen filmt, wundert es zumindest mich nicht, wenn dadurch Begriffe wie »Zwerg«, »Missgeburt«, »voll behindert« und »Spasti« salonfähig werden. »Trottelsprache« kommt in erster Linie eben von Trotteln.

In einzelnen Punkten habe ich sprachliche Neuregelungen durchaus begrüßt. Vieles jedoch erscheint mir auch aberwitzig. Ganz scheußlich fand ich zum Beispiel den aus dem angelsächsischen Raum übernommenen Ausdruck »körperlich herausgefordert«. Gleich völlig lächerlich war der Begriff »andersbefähigt«, der kurzzeitig auch mal in der Verlosung war. Das Leben ist doch kein Rollenspiel, bei dem man sich für jeden Malus seiner Figur zum Ausgleich einen Bonus geben darf.

Sprache ist mein täglich Brot und ich weiß, dass Sprache das Denken zumindest mitbestimmt. Aber wo es an der Grundvoraussetzung des Denkens mangelt, können Sprache und Sprachregelungen eben auch nichts ändern oder bestimmen. Verordnete Sprache führt immer auch zu Verweigerungshaltung. Sobald etwas »von oben herab« geschieht, sobald es »offiziell« ist, gibt es immer auch Menschen, die unreflektiert dagegen bocken. Vermutlich gibt es ihnen das Gefühl, unangepasst und rebellisch zu sein. Bei solchen Leuten ist es dann letztlich auch egal, ob ich behindert bin, beeinträchtigt bin, eine Behinderung habe oder was auch immer.

Sprache ist auch und vor allem in und durch die Medien wieder roher, unsensibler und buchstäblich unbedachter geworden. Sie entlarvt in vielen Fällen ein schlichtes, tumbes Nicht-Denken. Dennoch bin und bleibe ich ein großer Verfechter von Eigenverantwortung. Kinderbuchklassiker bilden ihren damaligen Zeitgeist ebenso ab wie Doku-Soaps und Reality TV den heutigen. Dem gilt es sich zu stellen. »Verfängliche« Wörter wird es immer geben. Sie zu streichen, wäre in meinen Augen nicht nur Zensur, es würde die Menschen auch aus der Verantwortung nehmen, sich individuell mit Sprache und Sprachgebrauch auseinander zu setzen.

Lesefortschritt:

13 Antworten

  1. Lieber Mario, danke für diesen interessanten, teilweise bedrückenden Artikel. Ich wundere mich immer wieder, wenn ich in meinem Übersetzungen FR-DE den Begriff „behindertengerecht “ durch „barrierefrei“ ersetzen soll. Als ob „behindert“ ein Schimpfwort wäre. Dir weiterhin alles Gute,
    Ruth

  2. Lieber Mario, vielen Dank für diesen stichhaltigen und vernünftigen Beitrag.
    Liebe Ruth, „barrierefreie“ Einrichtungen (z.B. Rampen, Fahrstühle, leicht zu öffnende Türen) sind eben nicht nur für Menschen mit Behinderungen gut, sondern auch für Menschen mit Kinderwägen, Rollkoffern, Gipsbeinen oder Putzwägen – die Liste ist schier endlos.

  3. Außdem gibt es neben diesen „barrierfreien“ Einrichtungen dann ja noch die für „mobilitätseingeschränkte Personen“, ein Begriff, der in Analogie zum Englischen auch offiziell häufig verwendet wird.
    „Bedrückend“ finde ich deinen Artikel eigentlich auch nicht. Eher sehr realitätsnah.
    Bei uns in Spanien (zumindest im Baskenland) wächst man auch als Kind schon mit mehr Kontakt zu fast jeder Art von Behinderung auf, weil auch behinderte Kinder „normale“ Schulen besuchen, selbst wenn ihre Behinderung es ihnen praktisch unmöglich macht, dem normalen Unterricht zu folgen.
    Sie werden dann von speziell ausgebildeten Lehrkräften mehrere Stunden pro Woche aus dem Klassenverband geholt und gezielt gefördert.
    Das bezieht sich natürlich nicht nur auf körperliche Behinderungen, sondern auch Autisten, Psychotiker usw.

  4. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands war ich eigentlich der Meinung, dass wir uns von irrsinnig bis aberwitzigen Wortschöpfungen, die auf dieser Seite der Welt kaum einer kannt verabschieden, Die ehem. SED der DDR war Meister solcher Wortgebräue („antifaschistischer Schtzwall“) und verteilte dafür womöglich noch Auszeichnungen. Ich wollte es erst nicht glauben, aber ein Bekannter aus Meißen versicherte mir, dass in der DDR ein Schokoladen- Nikolaus „Jahresendschokoladenhohlkörper“ hieß und der Osterhase war analog dazu doch tatsächlich ein „Frühlingsanfangschokoladenhohlkörper“.
    Und jetzt lässt sich die Bundesregierunmg zu solchen ähnichen Blödheiten von den Gender- Irrgeleiteten infiltrieren und ist drauf und dran, diesem Blösinn (Herr Professorin u. ä.) auch noch zu frönen. Ich glaube, es braucht doch ein paar handfeste Kerle, um dem den Garaus zu machen!

    1. Ihre Meinung in Ehren, aber ich glaube, Sie haben den Artikel möglicherweise nicht ganz richtig gelesen. Es steht ja nun recht klar darin, dass es sich bei der angeblich geplanten Anrede „Herr Professorin“ um eine Ente handelte, nichts weiter.

  5. Alleine die Tatsache, dass solche Trottelsprachebegriffe überhaupt in Erwägung gezogen werden, oder wurden, ist per se schon schlimm genug, Herr Nowak. Und dass der „Herr Professorin“ und der „Drucka“ sowie der Personen- Kollektivbegriff „m@n“ und anderer höherer Blödinn durchaus keine Zeitungsenten sind, wird an vielen Stellen im Internet mit Entsetzen festgestellt!

    1. Wie gesagt bzw. geschrieben: Für mich ist „Trottelsprache“ weit eher die Sprache, die Begriffe wie „Spasti“ und „Missgeburt“ (wieder) salonfähig macht. Das findet kaum Beachtung, obwohl es inzwischen Alltag ist. Und dieser Alltag ist mir persönlich näher als jede Wortschöpfung aus dem Gender-Labor. Würde man diese mit der gebotenen Gelassenheit abhandeln, blieben sie nämlich genau das: Wortschöpfungen aus dem Gender-Labor und auf just dieses beschränkt. Anders ausgedrückt: Ich verstehe die Aufregung nicht, da sich bislang noch keiner dieser Gender-Begriffe als besonders langlebig erwiesen hat. Und ich verstehe ehrlich gesagt auch die Schizophrenie nicht, die darin liegt, dass eine gemeinhin abgelehnte Form von Sprache von den sie Ablehnenden mit schöner Regelmäßigkeit aus ihrer Nische in die breite Öffentlichkeit getragen wird, anstatt sie dort zu belassen, wo sie erdacht wurde und wo sie naturgemäß wenig Aufmerksamkeit bekommen würde.

      Aber ich nehme an, so wie ich die Aufregung um „politisch korrekte“ Sprache nicht verstehe, verstehen Sie nicht, warum mir die diskriminierende „Trottelsprache“ etwa des Privatfernsehens ein Dorn im Auge ist.

      Und wie an anderer Stelle geschrieben: Ich würde die Aufregung und die Ablehnung „politisch korrekter“ Sprache wesentlich besser nachvollziehen können, wenn ich denn den Eindruck hätte, die Deutschen an sich würden ihre Sprache lieben, kennen, hegen und pflegen. Da jedoch ein großer Teil gravierende Schwächen in Rechtschreibung und Grammatik hat, bin ich persönlich der Auffassung, dass erst einmal (tüchtig) an den Grundlagen gefeilt werden sollte, ehe man sich an einem „Spezialgebiet“ wie „politisch korrekter“ Sprache abarbeitet oder abzuarbeiten versucht. Die angesprochenen gravierenden Schwächen finden sich übrigens auch in den Kommentarspalten unter Artikeln über „politisch korrekte“ oder „genderneutrale“ Sprache. Und, so leid es mir tut, wer anderen vorhält, Sprache kaputt zu machen, der sollte für meine Begriffe selbst einen guten Umgang damit haben, andernfalls macht er sich unglaubwürdig.

      Kurz und gut (?): Ich mag es schlicht nicht, wenn „politisch korrekte“ oder „genderneutrale Sprache“ vorgeschoben wird, um Faulheit zu kaschieren. Genau das aber geschieht meiner Meinung nach oft. Mit Verweis auf „politisch korrekte“ oder „genderneutrale Sprache“ (oder meinetwegen auch auf eine jetzt fast 20 Jahre zurückliegende Rechtschreibreform) wird behauptet: „Da weiß man ja gar nicht mehr, was man noch schreiben darf!“ – geflissentlich unter den Tisch fallen lassend, dass man es de facto wahrscheinlich auch vorher nie richtig wusste. „Politisch korrekte“ oder „genderneutrale Sprache“ ist für viele nur eine Rechtfertigung dafür zu sagen: Wenn „die“ sich ihre Sprache zurecht biegen dürfen, dann darf ich das auch, und deshalb bin ich ab sofort meine eigene Duden-Redaktion.

      Und schließlich, wie bislang vermutlich noch nicht geschrieben (möglicherweise aber doch; Sie werden verzeihen, dass ich die Übersicht verloren habe): Ist Ihnen mal aufgefallen, wie viel falsche Schreibweisen die PR- und Marketingabteilungen von Unternehmen vorgeben – aktuell etwa die „Fussball-Weltmeisterschaft“? Das hat meiner Meinung nach (ähnlich wie das, was für mich „Trottelsprache“ ist) viel größeren und konkreteren Einfluss auf die deutsche Sprache als jede „politisch korrekte“ oder „genderneutrale“ Wortschöpfung. Trotzdem tippen sich deswegen nicht Massen empörter Sprachschützer die Finger wund.

      Ich teile, damit auch das möglichst klar ist, nicht die von manchen Frauenrechtlerinnen gefühlte Freude darüber, dass sich „genderneutrale Sprache“ oder das generische Femininum angeblich nun in großem Stile durchsetzt. Das hat einen ganz einfachen Grund: Wie Sie in meinen Artikeln nachlesen können, ist beides kein Novum. Beispiele für den Einsatz genderneutraler Sprache bzw. des generischen Femininums hat es schon vor zehn, 15 Jahren und mehr gegeben, ohne dass sich deshalb an der Unglechbehandlung von Männern und Frauen etwas geändert hätte.

      Genau deshalb teile ich aber auch nicht die per se ablehnende Haltung vieler Menschen gegenüber „politisch korrekter“ oder „genderneutrale Sprache“. Denn wenn sie nichts bewirkt und nichts verändert, dann brauche ich mich auch nicht darüber zu ärgern.

  6. Lieber Mario,
    statt immer nur auf Facebook… möchte ich gerne auch mal hier meinen Senf dazu geben. Das, was Du „Trottelsprache“ nennst, steht für mich nicht unbedingt im Gegensatz zu „politisch korrekter“ Sprache. Mir begegnet fast täglich „Trottelsprache“, d.h. Ausdrücke, die mir per se, aber speziell dann noch in falschem Kontext oder einfach unpassend verwendet, aufstoßen – und zwar im Umgang mit meinem fast neunjährigen Sohn und dessen Schul- und Spielkameraden. „Vor dem Reden Hirn einschalten“ sollte sicher für alle ein Grundsatz sein, aber bei Kindern im Grundschulalter ist das nicht ganz so einfach. Denn man muss sich die Frage stellen, wo das her kommt. Kinder im Grundschulalter haben einfach noch kein Gefühl für politische Korrektheit. So scheint es für die Kids es z.B. gerade „hipp“ zu sein, alles, was sie „nicht cool“ finden, als „schwul“ zu bezeichnen. „Das ist voll schwul“ hat hier also nichts mit Homosexualität zu tun, die (hoffentlich) auch bei den Familien dieser Kinder weitgehend akzeptiert ist. Sondern es ist einfach ein Synonym für den weiten Begriff „uncool“ (der ja an sich schon ein Neologismus ist). Ich sehe da durchaus Parallelen zu den von Dir angeführten Beispielen zu den Begriffen „spastisch“ und „behindert“, die von Deinen Klassenkameraden ja durchaus negativ belegt waren, obwohl sie es eigentlich nicht sind.

    Vor kurzem sah ich im Internet ein nettes Video, das die Frage beleuchtete, wann „like a girl“ zur Beleidigung wurde. (Interessanterweise werfen sich auch Mädchen gegenseitig diese „Beleidigung“ an den Kopf). Eine Bekannte erzählte mir neulich, sie habe ihren Sohn aus dem Fussballverein genommen, nachdem der Trainer mehrmals zu Kindern gesagt hatte, „Du spielst wie ein Mädchen“ oder gar „wie eine Schwuchtel“.

    Parallel zur Verwendung dieser „Trottelsprache“ – auch und gerade durch Menschen, die eigentlich eine Vorbildfunktion erfülllen sollten! – beobachte ich eine Verarmung der Jugendsprache durch Ausdrücke wie „Bis Schule“ (das soll heißen „Bis morgen in der Schule“) oder „ich gehe Bus“ (was sowohl „Ich nehme den Bus“ als auch „Ich gehe zur Bushaltestelle“ bedeuten kann). Manchmal habe ich das Gefühl, die linguistisch ausgebildete Mutter kämpft hier gegen Windmühlen. OK, das hier ist kein Sprachratgeber – aber ich habe manchmal den Eindruck, Trottelsprache trifft hier Ghettosprache trifft politische Unkorrektheit.
    Und das alles gepaart mit einer kräftigen Dosis Ignoranz.

  7. Ich verstehe die ganze Aufgegung ehrlich gesagt auch nicht, denn in den wesentlichen Punkten haben wir gar keine 2 Meinungen.
    Was nach meiner Meinung allerdings nicht so lapidar dahingestellt bleiben soll und kann – und da unterscheiden wir uns – ist das Belassen des Gender- Sprachgebräus dort wo es zusammen gerührt wurde, nämlich hauptsächlich an der HU Berlin, denn von dort wird ein subversiver Feldzug vorbereitet, bei dem die Gendersprache nur Tarnung ist. In Wahrheit treiben dort irrgeleitet „Girli-“ Professorinnen mit Staatsgeldern (Steuern) ihr Unwesen mit dem Ziel, Männer zu devoten Befehlempfängern zu degradieren, denn wo Gender drauf steht ist bei diesen Lesben- Emanzen (Formulierung Hadmut Danisch) immer nur Frau drin. Das zeigt sich in vielen Fernsehkrimis – und da bin ich wieder ganz bei Ihnen – wie ein kürzlicher „Tatort“ der ARD mit „Kommissarin Odenthal“ und ihrem Mitarbeiter in der Rolle eines trottelhaft unterwürfigen Einfallspinsels zeigte und was als Realität der Polizeiarbeit zu verbreiten versucht wird.
    Das sind erste in die Öffentlichkeit getragene Ansätze von Genderanpassungen unter dem Deckmanlel einer Spacheneutalisierung. Auf derart perfides Intriegentum muss man(n) erst mal kommen.
    Es ist in solchen schleichenden Prozessen gelegentlich erforderlich, die Sprache der Diplomatie mindestens mal zu relativieren und mit gebotener Wucht auf Deutsch auszudrücken, was von solchem pseudowissenschaftlichem Dreck zu halten ist, dem die Politik zuweilen auch noch auf den Leim geht.

    1. Mit Verlaub, das ist eine arg steile These. Persönlich wandele ich nicht gern auf solchen verschwörungstheoretischen Pfaden. In jedem Fall bin ich aber bereit, die Entwicklung in heiterer Gelassenheit abzuwarten und fürchte nicht im Geringsten den Verlust meiner Männlichkeit. (Ich habe vor geraumer Zeit festgestellt, dass ein Leben in Angst irgendwie grundsätzlich nichts für mich ist.)

      Da ich unter dem Begriff „Meinungsaustausch“ nicht verstehe, so lange beharrlich weiter zu diskutieren, bis ich meine Meinung gegen die eines anderen ausgetauscht habe, werde ich auf dem Pfad der Verschwörungstheorie an dieser Stelle ein Schild „Durchfahrt verboten“ aufstellen und die Diskussion beenden – was ich im übrigen darf, weil dies hier meine Seite ist auf der ich Hausrecht habe. Und, nein, da ist keine Zensur, und, nein, es ist auch keine Beschneidung des Rechts auf freie Meinungsäußerung.

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